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Forum Maximilianeum 2021

Nach allen Regeln der Kunst – Auftrag, Bedeutung und Grenzen von Kunst in der heutigen Gesellschaft

Podium

  • Antonello Manacorda, Dirigent bei den Münchner Opernfestspielen 2021

  • Fetsum Sebhat, Soul-Musiker und Initiator des Peace x Peace Festivals

  • Christian Stückl, Intendant des Münchner Volkstheaters und Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele

  • Prof. Dr. Barbara Vinken, Ph.D., Professorin für Allgemeine und Französische Literaturwissenschaft an der LMU München

  • Prof. Dr. Florian Matzner, Professor für Kunstgeschichte an der Akademie der Bildenden Künste München

  • David Ebner, Stipendiat der Stiftung Maximilianeum

Moderation

Prof. Andreas Bönte, stellvertretender Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunks und Leiter des Programmbereichs BR Fernsehen, ARD-alpha und 3sat​

Bericht

​Streetart, Graffitis und Straßenmusik prägen das Bild unserer Städte genauso wie Museen, Theater und Opernhäuser. Die Kunst in all ihrer Vielfalt ist aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken. Und dennoch herrscht kein Konsens darüber, was Kunst ist, was sie soll, was sie darf. Mit solchen elementaren, aber auch mit tagespolitischen Fragen der Kunst hat sich das Forum Maximilianeum 2021 auseinandergesetzt.

Das Forum Maximilianeum 2021 markierte das zwanzigjährige Bestehen des Veranstaltungsformats und stand auch im Übrigen unter besonderen Vorzeichen, nachdem im Jahr zuvor erstmals die geplante Podiumsdiskussion infolge der Pandemie abgesagt werden musste. Als sich auch in den Monaten nach dem Jahreswechsel zunehmend abzeichnete, dass auf eine Präsenzveranstaltung mit einer nennenswerten Zahl an Teilnehmern nicht gebaut werden konnte, entschloss sich das Organisationsteam dazu, die Diskussion zwar wie gewohnt im Senatssaal des Maximilianeums abzuhalten, dabei aber insofern neue Wege zu beschreiten, als die Zuschauer mittels einer interaktiven Liveübertragung teilnehmen sollten.

 

Das ursprünglich bereits für 2020 geplante Thema Nach allen Regeln der Kunst – Auftrag, Bedeutung und Grenzen von Kunst in der heutigen Gesellschaft hatte infolge der vielfältigen Widrigkeiten für Kunst und Kultur in der Pandemie an politischer Aktualität gewonnen und erschien nicht zuletzt deshalb als ebenso interessant wie relevant.

 

Wer sich am 30. Juni 2021 live in den Senatssaal zuschaltete, kam zunächst in den Genuss einiger Klavierstücke, die Firmian Drost und David Ebner für ein “Vorkonzert” als Einstimmung auf die Thematik aufgenommen hatten. Nach einer Begrüßung durch den Vorstand des Maximilianeums, Hanspeter Beißer, gab sodann David Ebner, Student der Philosophie und der Musik, mit dem traditionellen Impulsreferat des „Stiftungsdiskutanten“ den Auftakt zur Veranstaltung. Dabei sparte er nicht an kritischen Denkanstößen und stellte insbesondere die These in den Raum, dass die Gegenwart ein unfruchtbarer Boden für die Kunst zu sein scheine. So würde in den öffentlichen Museen, Theatern und Konzertsälen im Wesentlichen die „Konservierung, Verwaltung und Reproduktion von Werken der Vergangenheit“ betrieben. Demgegenüber beschrieb er die Gesellschaft hinsichtlich neuer Werke und revolutionärer Ansätze als gewissermaßen falsch konstituiert, da in ihr die Fokussierung auf „das Offensichtliche“ als Folge oberflächlicher Wahrnehmung einerseits und die Maßgeblichkeit der Mehrheitsmeinung in einer durch den Markt und die Massenmedien geprägten Gesellschaft andererseits in einer Weise zusammenspielten, die in Widerspruch zur komplexen und auf Freiraum angewiesenen Eigenart der Kunst stehe.

 

Die anschließende Diskussion war von eindrucksvollen Erfahrungsberichten und engagierten Appellen an die Politik geprägt. Dabei legte der dem Forum bereits aus vergangenen Jahren bekannte Moderator Professor Andreas Bönte aus aktuellem Anlass ein besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen der Pandemie auf den Kulturbetrieb. Es bestand Einigkeit unter den Diskutanten, dass Kunst und Kultur in der Gesellschaft eine originäre Berechtigung hätten und es daher auf Dauer nicht akzeptabel sei, die Branche unter Verweis auf vermeintlich „fehlende Systemrelevanz“ lahmzulegen und damit ihre Bedeutung zu verkennen. Christian Stückl, Intendant des Münchner Volkstheaters, berichtete eindrucksvoll von dem Moment, in dem die von ihm geleiteten Oberammergauer Passionsspiele abgesagt wurden und für die ganze Gemeinschaft vor Ort eine Welt zusammengebrochen sei. Weiterhin könnten etwa im Volkstheater auch Online-Formate den Verlust darstellerischer Unmittelbarkeit nicht ersetzen. Ähnlich äußerte sich der Dirigent Antonello Manacorda, der sich in seinem künstlerischen Dasein auf das Publikum angewiesen sieht. Professor Florian Matzner, Kunsthistoriker an der Akademie der Bildenden Künste, und Professorin Barbara Vinken, die allgemeine und französische Literaturwissenschaft an der LMU lehrt, bekräftigten, dass der direkte Austausch auch in der künstlerischen und akademischen Persönlichkeitsbildung von eminenter Bedeutung sei. Der Soul-Musiker und Initiator des Peace x Peace Festivals Fetsum Sebhat betonte die Bedeutung künstlerischer Bildung auch schon im Kindes- und Jugendlichenalter. Darüber hinaus wies er kritisch darauf hin, dass vielen Politikern das volkswirtschaftliche Gewicht der Kulturbranche erst im Zuge pandemiebedingter Einschränkungen bewusst geworden sei.

 

Während der gesamten Diskussion hatten die Zuschauer die Gelegenheit, im Diskussionsraum des Livestreams Beiträge für die abschließende Fragenrunde einzureichen und sich untereinander auszutauschen. Die Lebendigkeit im Chat zeugte ebenso wie die ausgelassene Stimmung auf dem Podium vom Erfolg des Forum Maximilianeum 2021, trotz aller Widrigkeiten eine gewinnbringende und bisweilen heitere Runde vor einem Digitalpublikum versammelt zu haben, dem die Türen des Maximilianeums in Zukunft hoffentlich wieder offen stehen. Ein herzlicher Dank hierfür gilt den Podiumsteilnehmern sowie den Organisationsteams der Akademischen Jahre 2019/2020 und 2020/2021, als deren Gemeinschaftsleistung die Veranstaltung betrachtet werden darf.

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Benedikt Velten

Impressionen

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